William Fyfe I
Im Jahr 1790 begann William Fyfe I Boote auf Kiel zu legen.
Er hatte Stellmacher gelernt, interessierte sich von frühester Jugend an aber mehr für Schiffe als für seinen eigentlichen Beruf. Um sich die Handels- und Fährschiffe auf dem Clyde näher ansehen zu können, entwarf und baute er sich selbst ein kleines Segelboot.
Kaum fertig, kaufte man es ihm sofort ab.
Er stellte ein zweites her und auch dieses fand sofort wieder einen Abnehmer. Er kam zu dem Schluss, dass seine Bestimmung im Schiffbau lag und pachtete für 1 Schilling im Jahr ein paar Quadratmeter am Strand von Fairlie und machte sich selbständig.
Im Alter von 22 Jahren legte er sein erstes größeres Schiff , die Comet, ein 6t-Kutter von 1806 auf Kiel, gefolgt 1812 von Lamlash, einer 50t Yawl . Diese Yacht war zum damaligen Zeitpunkt die größte am Clyde und gebaut „expressly for pleasure“, als reines Vergnügungsschiff also. Trotzdem hatte sie Kanonen an Bord, um sich in fremden Gewässern verteidigen zu können.
Der Eigner, James Hamilton, kreuzte mit Lamlash überwiegend im Mittelmeer und sorgte dort für einiges Aufsehen.
1814 bekam William Fyfe I den Auftrag, einen Schaufelraddampfer zu bauen. Industry war aus Eichenholz, 66 Fuß lang und erhielt als Antrieb eine Einzylinder Dampfmaschine.
Sie war einer der ersten Raddampfer, die als Frachtschiff eingesetzt wurden. Wenn es nichts zu transportieren gab, nutzte man sie auch als Schlepper für Segelschiffe. Fyfe hatte Industry derart solide konstruiert, dass sie sage und schreibe 55 Jahre im Dienst der Clyde Shipping Company verbrachte und damit das älteste Dampfschiff auf dem Clyde war. Erst 1882 wurde sie endgültig abgewrackt. Ihre Dampfmaschine hatte man jedoch schon vorher ausgebaut. Sie ist heute als Ausstellungsstück im Glasgower Museum of Transport zu sehen.
Industry (Museum of Transport, Glasgow)
Der Erfolg von Industry bescherte Fyfe viele Anfragen, weitere Dampfschiffe zu bauen. Doch William Fyfe lehnte diese Angebote allesamt ab, obwohl sie der Werft eine solide Existenzgrundlage verschafft hätten. „Mein Ziel ist es, Yachten zu bauen und entwerfen, die „fast and bonnie“ sind“, meinte William Fyfe statt dessen und weigerte sich fortan standhaft, irgendwelche neuen Aufträge für Dampfschiffe anzunehmen.
In Zeiten jedoch, in denen Yachten eher sehr selten gefragt waren, hatte er wenig Gelegenheit diesem Ziel nahe zu kommen. Der Sport entwickelte sich noch eher zögerlich, die meisten Yachten wurden als Fahrten- oder Forschungsschiffe genutzt oder als Kriegsschiffe.
Um über die Runden zu kommen, baute er daher zusammen mit seinen Brüdern weiterhin Fischerboote, fishing smacks, so um die 20 Fuß lang, bekannt als die besten an der Westküste, sowohl was die Konstruktion als auch die Geschwindigkeit anging. Damit sicherte er der stetig wachsenden Familie den Lebensunterhalt.
Neben den Fischerbooten wurden erst nur wenige Yachten bei Fyfe in Auftrag gegeben. Lediglich 1832 wurde ein 35t Kutter Gleam zu Wasser gelassen, ihm folgte 1833 Meteor, damals das schnellste Schiff am Clyde.
Gleam , Fyfe I , 1832 (RNCYC)
1821 wurde der ersehnte Sohn , William Fife II geboren. Zu diesem Zeitpunkt änderte sich in den Chroniken auch die Schreibweise des Familiennamens. Statt „Fyfe“ schrieb man nun „Fife“.
Bereits 1834, im Alter von 13 Jahren, ging William Fife II bei seinem Vater in die Lehre. Fünf Jahre später entschied sich William Fyfe I, die Werft an ihn abzugeben, da sie keinen Gewinn abwarf und er sie für nutzlos hielt. Er hatte seinen Traum vom Bau schneller und schöner Yachten zugunsten gewöhnlicher Fischerboote aufgegeben müssen, um den Lebensunterhalt der 8 Kinder zu sichern.
Da das nicht seinen Vorstellungen entsprach, sollte sein Sohn die Werft zu einem gewinnbringenden Unternehmen machen. William II war damals gerade 18 Jahre alt. Ohne Zweifel hatte er das Talent und die handwerklichen Fähigkeiten von seinem Vater geerbt und in seiner 5jährigen Lehrzeit einiges gelernt.
Trotzdem waren die ersten Jahre sehr schwierig, bis es Fife II mit Hilfe einer Bank gelang, seine finanziellen Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Das Geld ermöglichte ihm den Bau des Schoners Stella, der nach dem Stapellauf 1851 bereits verkauft wurde. Damit hatte die Werft zum ersten Mal nennenswerten Gewinn mit dem Bau einer Yacht erzielt. Stella erwies sich als ein sehr schnelles Schiff, sie gewann etliche Rennen. Ihr folgten dann 1851 Aquila und 1852 Cymba. Cymba galt als unschlagbar. Sie sorgte dafür, dass sich der gute Ruf der Fife-Werft bis nach England zum Solent ausbreitete.
Inzwischen war auch die Industrialisierung am Clyde weit vorangeschritten. Im Schiffbau, der Stahl- und Kohleindustrie war die Region weltweit führend. Die dadurch den Fortschritt reich gewordenen Glasgower begannen, nach und nach ihre Sommermonate außerhalb der von der Industrie verdreckten Stadt zu verbringen. Sie zogen mit ihren Familien zum Clyde, bauten große Villen an den Ufern und erlaubten sich dort einer neuen Freizeitaktivität, dem Segeln, nachzugehen.
In jener Zeit rief der Royal Northern Yachtclub jährlich wiederkehrende Segelveranstaltungen ins Leben. Ein Event fand an 3 oder 4 Tagen im Mai statt, zwei Regatten im Juli und eine Abschlussveranstaltung Ende August bzw. Anfang September.
Für diese Veranstaltungen benötigten die gut betuchten Glasgower natürlich das passende Schiff. Ihr steigendes Interesse an regattatauglichen Yachten, die sich von den gewöhnlichen Fischerbooten abhoben, die man bis dahin üblicherweise für Wettfahrten genutzt hatte und der Erfolg von Cymba aus dem Hause Fife, führte endlich dazu, dass sich die Auftragsbücher der Fife-Werft füllten. Jetzt ging es aufwärts und die Fife´s konnten nach und nach allein vom Yachtbau existieren. William II hatte es also doch noch geschafft. Er hatte den Traum seines Vaters wahr werden lassen und konnte sich fortan voll und ganz mit dem Bau von Rennyachten befassen.
Fyfe I war seiner Zeit einfach viel zu weit voraus gewesen.